Innere Haltung der Trainer:innen bei der Vermittlung von Fähigkeiten
Als Trainer:innen verfügen wir über einzigartige Fähigkeiten, um Wissen und Erfahrungen an andere weiterzugeben. Doch die wertvollste Fähigkeit, die wir haben, ist unsere innere Haltung. Diese spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Fähigkeiten und der Entwicklung des Wissens unserer Spieler:innen. Wie unsere innere Haltung nutzen können um effektiv Fähigkeiten zu vermitteln und das maximale aus den Atleth:innen heraus stelle ich hier dar.
Einleitung
Wenn du als Trainer:in Fähigkeiten vermitteln möchtest, ist es wichtig, dass du dich auf deine innere Haltung konzentrierst. Denn diese spiegelt sich in deinem Verhalten und deiner Art zu kommunizieren wider. Eine positive innere Einstellung, die von Empathie, Offenheit und Respekt geprägt ist, kann dazu beitragen, dass deine Teilnehmer:innen sich wohl und verstanden fühlen. Eine negative Haltung hingegen, die von Unmut, Abwertung und Überheblichkeit geprägt ist, kann dazu führen, dass deine Teilnehmer:innen sich unwohl und unsicher fühlen. Deshalb solltest du dir bewusst machen, welche innere Haltung du an den Tag legst und gegebenenfalls an deinem Mindset arbeiten, um eine positive Lernumgebung zu schaffen. Eventuell neigen wir als Trainer:in dazu unsere Sportler:innen zu unterschätzen. Wählen unbewusst sogar die Übungen aus, die eher zum Stillstand als zur Weiterentwicklung führen. Dies kann sich mit einer kritischen Betrachtung der eigenen Haltung hinterfragt werden und angepasst werden.
Was ist der Pygmalion-Effekt?
Ein Einflussfaktor kann der Pygmalion-Effekt sein. Der Pygmalion-Effekt beschreibt die Tatsache, dass die Erwartungen, die wir an andere Menschen haben, einen Einfluss auf deren Leistung haben. Wenn wir davon ausgehen, dass jemand talentiert und fähig ist, wird diese Person höchstwahrscheinlich auch erfolgreich sein. Umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn wir davon ausgehen, dass jemand unfähig und erfolglos ist, wird diese Person wahrscheinlich auch schlechter abschneiden. Trainer:innen sollten sich dieser Tatsache bewusst sein und ihre Erwartungen an ihre Sportler:innen entsprechend positiv formulieren. Eine positive innere Haltung kann dazu beitragen, dass die Sportler:innen motivierter und erfolgreicher sind.
Studie zum Pygmalion-Effekt
Dabei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, bei dem die Erwartungen einer Person über die Leistung einer anderen Person deren Leistung tatsächlich beeinflussen können. Das bedeutet, dass wenn ein Trainer:in hohe Erwartungen an die Sportler:innen hat, diese auch tatsächlich besser abschneiden können. Dabei hat die Forschung einen anderen Ursprung. Und zwar fand die Forschung hierbei im Klassenraum statt. Der Pygmalion-Effekt wurde zuerst in den 1960er Jahren von dem Soziologen Robert Rosenthal untersucht. Rosenthal führte ein Experiment mit Grundschulkindern durch, bei dem er ihnen mitteilte, dass einige von ihnen besonders intelligent seien. Im Verlauf des Jahres stellte er dann fest, dass diese Kinder tatsächlich besser in der Schule abschneiden als die anderen.
Studien zum Pygmalion-Effekt haben gezeigt, dass die innere Haltung bzw. Erwartungen der Lehrer:innen bei der Vermittlung von Fähigkeiten eine entscheidende Rolle spielt.
Wie können Trainer:innen dies berücksichtigen?
Auch wenn dies eine empirische Frage ist, können wir einiges aus den Studien lernen. Wenn du als Trainer:in also davon überzeugt bist, dass deine Sportler:innen erfolgreich sein werden, dann wird sich das auch auf ihre Leistung auswirken. Es ist wichtig, dass du als Trainer:in also eine positive Einstellung hast und deine Sportler:innen ermutigst, an sich selbst zu glauben. Denn nur so können sie ihr volles Potenzial entfalten und ihre Fähigkeiten verbessern. Dabei liegt es vor allem an den Trainer:innen das Leistungsniveau passend auf den einzelnen Sportler oder die einzelne Sportlerin einzuschätzen, damit eine Steigerung der Anforderung zum gewünschten Leistungszuwachs und nicht zur Überforderung führt.
Wenn es darum geht, Fähigkeiten zu vermitteln, ist es wichtig, dass Trainer:innen sich bewusst sind, dass jeder Sportler:in individuell ist. Das bedeutet, dass sie ihre innere Haltung entsprechend anpassen müssen. Dies erfordert Geduld, Einfühlvermögen und Anpassungsfähigkeit. Einige Sportler:innen benötigen vielleicht mehr Zeit, mehr Wiederholungen oder mehr Erklärungen, während andere es schneller und einfacher verarbeiten können. Hierbei gilt es Tools zu schaffen, die den Trainingserfolg sichtbar machen (z. B. Quizzes bei theoretischen Aufgaben oder Übungen, die in Wettkampfnahen Situationen Entscheidungen abverlangen oder die Umsetzung einer Technik). Ein positives Mindset der Trainer:innen hilft dabei ein Gefühl der Unterstützung bei den Athlet:innen zu erzeugen, was auch zu einem Umfeld führen kann, in denen Fehler eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung sein können. Entsprechende Selbstreflexion kann sich später positiv auf die Ergebnisse der Athlet:innen auswirken.
Innere Haltung
Eine positive innere Haltung ist der Schlüssel zur erfolgreichen Vermittlung von Fähigkeiten als Trainer:in. Wenn du als Trainer:in mit einer positiven Einstellung und einem offenen Geist an die Sache herangehst, wirst du automatisch eine bessere Verbindung zu deinen Teilnehmer:innen aufbauen können. Es ist wichtig, dass du dich auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten deiner Teilnehmer:innen einstellst und ihnen das Gefühl gibst, dass du ihnen helfen möchtest, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Eine positive innere Haltung kann auch dazu beitragen, dass du dich besser auf unerwartete Situationen einstellen kannst, die während des Trainings auftreten können. Wenn du mit einer offenen und positiven Einstellung an die Sache herangehst, wirst du in der Lage sein, deine Teilnehmer:innen zu motivieren und ihnen das Vertrauen zu geben, das sie benötigen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern.
Take home message
Und was ist nun die "Take home message" für dich als Trainer:in? Eine positive innere Haltung ist der Schlüssel zur erfolgreichen Vermittlung von Fähigkeiten. Wenn du selbst begeistert und motiviert bist, überträgt sich das auf deine Teilnehmer:innen. Außerdem solltest du immer im Blick behalten, dass jeder Mensch individuell ist und unterschiedliche Lernmethoden benötigt. Sei geduldig und unterstütze deine Teilnehmer:innen dabei, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Auch Fehler gehören zum Lernprozess dazu und sollten nicht als Scheitern gewertet werden. Stattdessen solltest du sie als Chance nutzen, um gemeinsam mit deinen Teilnehmer:innen zu reflektieren und zu wachsen. Eine positive innere Haltung, Geduld und Empathie sind somit die Grundlagen für eine erfolgreiche Vermittlung von Fähigkeiten.
Text: Sebastian Ayernschmalz
Quellen:
Rosenthal, R., & Jacobson, L. (1968). Pygmalion in the classroom. The urban review, 3(1), 16-20.
Szedlak, C., Smith, M. J., Day, M. C., & Greenlees, I. A. (2015). Effective Behaviours of Strength and Conditioning Coaches as Perceived by Athletes. International Journal of Sports Science & Coaching, 10(5), 967–984. doi:10.1260/1747-9541.10.5.967
Luis Armando Leonardo Filho (2016): The Pygmalion and Galatea effects in the coaching process from the perspective of high-performance volleyball athletes, Sports Coaching Review, DOI: 10.1080/21640629.2016.1201355
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